Abfindungspakete und Outplacement im europäischen Vergleich
July 01, 2025 Geschrieben von Miriam Oser-Soto
Entlassungen sind auch aus Unternehmenssicht oft nicht angenehm – auch wenn der Arbeitgeber die Entscheidung getroffen hat, sich von bestimmten Mitarbeitenden zu trennen. Kündigungen sind in der Regel die Folge reiflicher Überlegungen und oft die Konsequenz äußerer Umstände, etwa einer schwierigen Auftragslage.
Um den Verlust ihres Arbeitsplatzes für die entlassenen Mitarbeitenden abzufedern, haben Unternehmen verschiedene Möglichkeiten. Dazu gehört ein Abfindungspaket, das ein gewisses Maß an finanzieller Sicherheit bieten soll, aber auch zusätzliche Leistungen wie Outplacement können Teil dieses Angebots sein.
In diesem Artikel werfen wir einen genaueren Blick auf Abfindungspakete im europäischen Vergleich: Wie werden solche Angebote an entlassene Mitarbeitende bei unseren Nachbarn in Frankreich, den Niederlanden und Großbritannien gehandhabt – und welchen Stellenwert haben sie in Deutschland?
Was ist ein Abfindungspaket?
Bei einer Abfindung handelt es sich um eine Sonderzahlung vom Arbeitgeber an seine Beschäftigten, wenn das Arbeitsverhältnis von Seiten des Unternehmens beendet wird. Im Falle einer Kündigung soll sie den Verlust des Einkommens für den oder die entlassenen Mitarbeitenden abfedern, bis sie eine neue Arbeitsstelle gefunden haben.
Darüber hinaus können Unternehmen ihren ausscheidenden Mitarbeitenden im Rahmen eines Abfindungspakets zusätzlich zur Zahlung der Abfindungssumme weitere Leistungen anbieten – zum Beispiel die Möglichkeit, Outplacement in Anspruch zu nehmen.
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Abfindung in Deutschland
In Deutschland sind Unternehmen nicht generell verpflichtet, ihren entlassenen Mitarbeitenden eine Abfindung zu zahlen. Es handelt sich um eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers. In bestimmten Situationen kann jedoch seitens des ausscheidenden Mitarbeitenden ein Anspruch auf Zahlung einer Abfindung bestehen – oder sie ist zumindest aus Unternehmenssicht sinnvoll, auch wenn rechtlich kein Anspruch besteht:
- Bei Kündigung durch den/die Arbeitnehmende: kein Anspruch auf Abfindung
- Bei Aufhebungsvertrag: kein grundsätzlicher Anspruch, Abfindung ist aber oft Teil solcher Vereinbarungen (Verhandlungssache)
- Bei betriebsbedingter Kündigung: Anspruch kann gemäß §1 KSchG (Kündigungsschutzgesetz) bestehen
- Bei Tarifverträgen oder Sozialplänen/Betriebsvereinbarungen: Anspruch auf Abfindung je nach Details möglich
Die Höhe der Abfindungszahlung orientiert sich daran, wie lange die entlassenen Mitarbeitenden im Unternehmen beschäftigt waren. In der Regel wird die Höhe der Abfindungszahlung nach folgender Formel berechnet:
Betriebszugehörigkeit in Jahren x 0,5 x aktueller Bruttomonatslohn
Dabei handelt es sich jedoch nur um einen Richtwert – wie hoch die Abfindung tatsächlich ausfällt und welche zusätzlichen Leistungen ein Abfindungspaket ggf. noch enthält, ist immer Verhandlungssache.
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Frankreich, Niederlande, Großbritannien: Abfindungspakete im europäischen Vergleich
In anderen Ländern in Europa ist das Thema Abfindung anders geregelt, teilweise gelten sehr strenge Vorgaben.
Niederlande
In den Niederlanden sind Arbeitgeber grundsätzlich dazu verpflichtet, entlassenen Mitarbeitenden einen Ausgleich zu zahlen, die auch Übergangszahlung genannt wird. Die Höhe dieser Zahlung ist ebenfalls gesetzlich festgelegt. Die geplante Kündigung muss zudem zunächst von der UWV, der niederländischen Sozialversicherungsbehörde, überprüft und freigegeben werden.
Der finanzielle Ausgleich wird auch dann fällig, wenn ein befristeter Vertrag ausläuft – aber beispielsweise nicht, wenn Mitarbeitende in Rente gehen oder unter 18 sind und höchstens 12 Stunden pro Woche gearbeitet haben. Bei einer Massenentlassung aus betrieblichen Gründen muss der Arbeitgeber zumindest eine alternative Regelung für die Übergangszahlung im Tarifvertrag oder Sozialplan anbieten. Einigen sich beide Seiten auf das Ende des Arbeitsverhältnisses, wird aus der Übergangszahlung eine Abfindung, deren Höhe frei verhandelbar ist.
Arbeitgeber bieten ihren entlassenen Mitarbeitenden zudem oft die Teilnahme an Outplacement an. Einen Teil der Übergangszahlung können sie nämlich in entsprechende Programme oder Umschulungen investieren.
Frankreich
In Frankreich ist die Entlassung von Mitarbeitenden ebenfalls gesetzlich geregelt, jedoch etwas strenger als in den Niederlanden. Dort sind umfassende Entlassungs- und Übergangspläne erforderlich, die eine Abfindungszahlung und häufig auch Outplacement beinhalten.
Die Mindesthöhe dieser Abfindung ist ebenfalls vorgegeben – die tatsächliche Entschädigung, die Arbeitgeber ihren ausscheidenden Mitarbeitenden auszahlen, ist jedoch oft wesentlich höher. Die komplexen französischen Arbeitsgesetze verpflichten Arbeitgeber zudem dazu, eine Versetzung betroffener Mitarbeitender in Betracht zu ziehen. Ist dies nicht möglich, müssen sie im Falle einer Entlassung erhebliche Unterstützung leisten.
Großbritannien
In Großbritannien müssen Arbeitgeber entlassenen Mitarbeitenden eine gesetzliche Abfindung („redundancy pay“) zahlen, wenn sie mindestens zwei Jahre lang ununterbrochen bei dem Unternehmen beschäftigt waren. Die Höhe dieser Abfindung richtet sich nach dem Alter, dem wöchentlichen Einkommen und der Dauer der Betriebszugehörigkeit. Zusätzlich haben entlassene Mitarbeitende Anspruch auf eine Kündigungsentschädigung und ausstehendes Urlaubsgeld.
Land | Gesetzlich vorgeschriebene Kündigungsfrist | Abfindung verpflichtend? | Höhe der Abfindung | Zusätzliche Leistungen |
---|---|---|---|---|
Deutschland | 4 Wochen bis 7 Monate, abhängig von Beschäftigungsdauer und Alter | Nein, freiwillige Leistung, die u. a. Kündigungsschutzklagen vermeiden soll | In der Regel 1/2 Monatsgehalt pro Jahr der Betriebszugehörigkeit | Umschulungsprogramme weit verbreitet, auch Outplacement möglich |
Die Niederlande | 1-4 Monate, abhängig von Beschäftigungsdauer | Ja, vorgeschriebene „Übergangszahlung“ | 1/3 Monatsgehalt pro Jahr der Betriebszugehörigkeit, maximal 94.000 Euro | Entlassenen Mitarbeitenden wird oft die Teilnahme an Outplacement angeboten. Arbeitgeber können (einen Teil) der Abfindung in Outplacement- oder Umschulungsprogramme investieren. |
Frankreich | 1-2 Monate, abhängig von Beschäftigungsdauer | Ja | Für Betriebszugehörigkeit unter 10 Jahren: mindestens 1/4 Monatsgehalt pro Jahr im Betrieb Für Betriebszugehörigkeit ab 10 Jahren: mindestens 1/3 Monatsgehalt pro Jahr im Betrieb | Unternehmen sind verpflichtet, zu versuchen, Mitarbeitende zu versetzen, bevor sie sie entlassen können. Bei Massenentlassungen sind Sozialpläne (PSE) mit Outplacement- und Umschulungsprogrammen vorgeschrieben. |
Großbritannien | 1 Woche pro Jahr der Betriebszugehörigkeit, maximal 12 Wochen | Ja, ab einer ununterbrochenen Beschäftigung im Unternehmen von mindestens zwei Jahren | Abhängig von Alter und Beschäftigungsdauer Alter unter 22 Jahre: 1/2 Wochengehalt pro Jahr im Betrieb Alter zwischen 22 und 40 Jahren: 1 Wochengehalt pro Jahr im Betrieb Alter ab 41 Jahren: 1,5 Wochengehälter pro Jahr im Betrieb | Anhörungszeitraum vorgeschrieben |
Outplacement als Teil des Abfindungspakets
In den Niederlanden und Frankreich ist Outplacement oft Teil des Abfindungspakets. In diesen Ländern wird der Schwerpunkt im Entlassungsprozess verstärkt auf das Wohlergehen der betroffenen Mitarbeitenden gelegt. Dementsprechend ist eine solche Unterstützung entweder vorgeschrieben oder wird zumindest empfohlen.
In Deutschland und Großbritannien ist es vergleichsweise weniger üblich, Outplacement als Teil des Abfindungspakets anzubieten. Letztendlich hängt dies stark vom Sektor und der Größe des Unternehmens ab: In beiden Ländern bieten größere Konzerne eher Outplacement an als KMU. In Deutschland übernimmt die Agentur für Arbeit unter bestimmten Voraussetzungen einen Teil der Kosten für Outplacement. In Großbritannien gibt es weniger staatliche Regulierung und Unternehmen sind auf Lösungen aus dem Privatsektor angewiesen.
Aus Unternehmenssicht ist es oft sinnvoll, den ausscheidenden Mitarbeitenden Outplacement als Teil eines Abfindungspaket anzubieten, damit beide Seiten von den jeweiligen Vorteilen profitieren können: Arbeitnehmende erhalten professionelle Hilfe bei der Suche nach einer neuen Stelle – und Unternehmen stärken und schützen ihre Arbeitgebermarke.
Das Wichtigste auf einen Blick
- Bei einer Abfindung handelt es sich um eine Sonderzahlung vom Arbeitgeber an seine Beschäftigten, wenn das Arbeitsverhältnis von Seiten des Unternehmens beendet wird.
- In Deutschland ist die Zahlung einer Abfindung für Unternehmen nicht grundsätzlich verpflichtend, aber oft sinnvoll.
- In Frankreich, den Niederlanden und Großbritannien sind Abfindungszahlungen Pflicht, Details zum Kündigungsprozess und weiteren Verpflichtungen sind unterschiedlich.
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